„Ein Zeichen der Intoleranz“

Die Muslime Mallorcas und ihr Kampf um eine Moschee mit Turm

Die Volksabstimmung der Schweizer gegen den Bau von Gebetstürmen auf Moscheen hat in ganz Europa und auch auf Mallorca für Diskussionen gesorgt: „Den Bau von Minaretten auf Moscheen zu verbieten, ist ein Zeichen des Hasses, der Beleidigung und der Intoleranz gegenüber dem Islam“, empört sich der Präsident der Islamischen Förderation der Balearen, Lounis Meziani, über die Schweizer Volksinitiative, die von zwei rechtspopulistischen Parteien auf den Weg gebracht und am Sonntag mit 57 Prozent der Stimmen (Wahlbeteiligung 54 Prozent) angenommen wurde. „Sie wollen nicht, dass der Islam in ihrem Land präsent ist. Diese Ablehnung macht sie intolerant“, heißt es weiter in einer Mitteilung der Islamischen Förderation der Balearen. „Ich fordere die Muslime auf, nicht mit Exzessen auf die Abstimmung der Schweizer zu reagieren“, so Meziani.

Die Regierung in Bern hatte den Stimmberechtigten empfohlen, mit „Nein“ zu votieren. Sie befürchtet, ein Minarett-Verbot werde im Ausland auf Unverständnis stoßen und dem Ansehen der Schweiz schaden. In der Tat waren die Reaktionen vor allem ablehnend: Muslime, Kirchen und Politiker in ganz Europa fürchten um die Freiheit der Glaubensausübung, die EU will die mit dem Lissabon-Vertrag geplanten Volksabstimmungen in Frage stellen, und die Vereinten Nationen kündigten an, von Experten untersuchen zu lassen, ob das Schweizer Verbot mit internationalem Recht vereinbar sei. Allerdings gab es auch Stimmen wie die des deutschen CDU-Politikers Wolfgang Bosbach, der mahnte, das Votum der Schweizer als Ausdruck der Angst vor Islamisierung ernst zu nehmen. Die spanische Regierung hat zu diesem Thema bislang keine offizielle Stellungnahme abgegeben, Innenminister Alfredo Pérez Rubalcaba sagte gegenüber spanischen Medien, er hätte gegen das Verbot von Minaretten gestimmt.

Moschee
Moschee in Palma.

Von einem Minarett-Verbot wie in der Schweiz ist man in Spanien weit entfernt, doch das Zusammenleben der muslimischen Minderheit gestaltet sich auch hierzulande nicht immer konfliktfrei. Der Sprecher der Islamischen Föderation auf den Balearen beklagt die „Marginalisierung“ der rund 30.000 auf den Inseln lebenden Moslems. „Wir werden wie eine Einwanderergruppe behandelt und nicht wie eine Religion“, hatte Lounis Meziani bereits in einem MM-Interview vor wenigen Monaten gesagt. Der Bau einer Moschee (ohne Minarett) in Felanitx war im vergangenen Jahr auf heftigen Widerstand seitens der Bürger gestoßen. Mehr als 300 Anwohner hatten das Rathaus gestürmt, um der Bürgermeisterin ihre Bedenken gegen das Projekt vorzutragen: unter anderem befürchteten sie „eine Zunahme der Unsicherheit“ in ihrer Stadt.

Inzwischen ist die Moschee in Felanitx gebaut und in Betrieb – und genauso wie in den 21 anderen Moscheen auf Mallorca gebe es in Felanitx „gar kein Problem“ im Zusammenleben mit den Nachbarn, betont Meziani. „Wir wollen nichts dramatisieren.“ Allerdings beklagt er die mangelnde Unterstützung seiner Glaubensgemeinschaft im Vergleich zu den christlichen Kirchen. Die Muslime würden gerne eine große Moschee mit Platz für 1500 Menschen bauen, als Gebetsstätte, Treffpunkt, Fortbildungs- und Kulturzentrum. „Aber wir haben nicht genug Geld.“ Bei den Städten und Gemeinden habe man die Bereitstellung eines geeigneten Grundstücks beantragt – bislang ohne Erfolg. In der vorangegangenen Legislaturperiode seien auf Mallorca dagegen sechs Grundstücke für Projekte christlicher Kirchen bereitgestellt worden – „und Palmas derzeitige Bürgermeisterin hatte bislang noch nicht mal Zeit, uns zu empfangen“. Der Bau einer großen Moschee mit einem Minarett – das wäre den Muslimen auf Mallorca am liebsten: „Denn eine Moschee ohne Minarett ist wie eine Kirche ohne Kirchturm“, verdeutlicht Meziani.

Die Toten zurück ins Heimatland

Bei einem weiteren Wunschvorhaben beißen die balearischen Muslime bislang ebenfalls auf Granit: Um die Toten nach den Regeln ihres Glaubens beerdigen zu können, fordern sie einen eigenen Friedhof. 40 Jahre müssen die Gebeine der Verstorbenen dort mindestens liegen können – in den meisten christlichen Friedhöfen beträgt die Liegezeit nur etwa die Hälfte oder weniger. Meziani wirft der Stadtverwaltung von Palma vor, die muslimische Gemeinschaft „betrogen“ zu haben. „Man hatte uns einen Platz in Son Valentí zugesagt, doch dann hieß es, er sei nun Teil einer Grünzone.“ So bleibe der muslimischen Gemeinschaft nichts anderes übrig, als die Toten in die Heimatländer zu schicken, um sie dort zu bestatten. „Viele wollen aber gerne hier beerdigt werden, wo sie viele Jahre gelebt haben.“

Gabriele Küster/Mallorca Magazin